Schwäbisches Tagblatt mit Pay-Per-Article

Während die meisten Verlage an einer Metered PayWall nach Vorbild der New York Times arbeiten hat das Schwäbische Tagblatt aus meiner Geburtsstadt Tübingen sich für ein anderes Modell entschieden: Anstatt ein digitales Abo abzuschließen bezahlt man über den Micropayment-Anbieter MilliPay für einzelne Artikel. 15 Cent will die Regionalzeitung für ausgewählte Stücke. So spannend der Ansatz ist, sehe ich doch einige Probleme:

  • Zum einen das klassische Problem beim Verkauf von Artikeln: Ich weiß vorher nicht, ob es sich lohnt, für diesen Artikel zu bezahlen. Ich klicke anhand der Überschrift drauf, aber ist genau das nun 15 Cent wert? Ein Startup, dass da abhilfe schaffen will ist PennyRead, die es möglich machen wollen, dass nur Absätze hinter einem Bezahlmechanismus liegen und man diese einfach per Klick freischalten kann. Nun kann man natürlich argumentieren, dass 15 Cent ein Betrag ist, über den man nicht lange nachdenket. Zumindest wenn der Bezahlprozess einfach ist.
  • Was uns zum nächsten Problem führt: Die Anmeldung muss man zugeben, geht relativ schnell: Eine Email-Adresse angeben und die Handynummer. Über einen SMS-Code wird das Konto freigeschaltet und freundlicher Weise schenkt mir das Tagblatt  gleich 1 Euro Startguthaben (also rund 6 Artikel), das heißt ich kann sofort weiterlesen. Will ich mein Konto aber aufladen gibt es dazu auf der Seite keine direkte Möglichkeit, ich werde zum Zahlungsanbieter millypay in die Kontoverwaltung weitergeleitet. Hier wäre eine tiefere Integration vielleicht wünschenswert, ich sehe auch auf der Tagblatt-Seite nicht, dass ich eingeloggt bin.
  • Aber auch auf der Seite von Millypay entdecke ich keine Option oder Button um mein Konto aufzuladen. Laut FAQ soll das über sofortüberweisung, Kreditkarte und Lastschriftverfahren möglich sein. Bei Sofortüberweisung schrecke ich immer zurpück, denn sofortüberweisung.de fordert einen auf den TAN direkt auf deren Seite einzugeben und das ist etwas wovon jede Bank abrät, wie schnell dann die Aufladung via Kredit- oder Lastschrift geht, konnte ich aus obengenannten Gründen nicht ausprobieren. Aber ist der Prozess schnell genug, wenn ich jetzt einen Artikel lesen will? Die Summe der Drittanbieter die integriert wird lässt mich zweifeln.
  • Das Tagblatt setzt dabei natürlich auf einen Art Prepaid Verfahren: Konto immer wieder auf laden und leerlesen. Die Frage ist wie schnell ich als Nutzer einschätzen kann wie viel ich da brauche? 5€ im Monat, 10? Sicher Erfahrungswerte und auch abhängig davon wie viele Inhalte das Tagblatt selbst für bezahlenswert hält.
  • Interessant ist, dass das MillyPay Guthaben theoretisch auch auf anderen Seiten benutzt werden können soll.

    Kann ich mit milliPay nur bei tagblatt.de und neckar-chronik.de bezahlen?
    Nein, milliPay bietet seine Dienstleistungen auch für Online-Inhalte anderer Anbieter an. Das Guthaben auf Ihrem milliPay-Konto können Sie auch bei anderen milliPay-Partnern nutzen.

    Wer genau diese Partner sind erfahre ich aber nicht. Auch MillyPay bietet keine Übersicht im Sinne von: Ihr Guthaben auf diesen Seiten Nutzen. Einer Pressemitteilung entnehme ich, dass man auch bei swiss-sport.tv damit bezahlen kann. Okay. Die Frage ist, ob millyPay noch weitere Partner gewinnen kann, so dass es für mich zur zentralen Anlaufstelle meines “Online-Lese-Guthabens” wird. Der Nordbayrische Kurier beispielsweise, der als weiterer Regionalverlag pay-per-Article eingeführt hat setzt auf eine eigene, direkte Lösung. Aber hier muss man in Zukunft noch mit anderen Gegnern rechnen, Springer zum Beispiel.

  • Aber natürlich muss man sich noch mal ins Gedächtnis rufen an wen sich das Bezahlangebot richtet: An die Leser und Abonnenten des Tagblatts aus der Region. Der bundesweite Zugriff auf die regionalen dürfte sich in Grenzen halten und insofern kann man als tagblatt.de das ganze entspannter anschauen, es gilt vor allem die Stammleser zu überzeugen.

Alles in allem ein spannender Versuch, denn insgesamt muss man sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass es noch wenig Erkenntnisse zur Akzeptanz von PaidContent gibt und jeder Verlag der hier etwas probiert und vor allem etwas anderes probiert trägt erstmal dazu bei neue zu gewinnen. Vorausgesetzt diese Erkenntnisse werden auch an einem Punkt mit der Branche geteilt.

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